(DAV). Bei der Veräußerung einer vermieteten Immobilie an einen Dritten gilt der Grundsatz „Kauf bricht Miete nicht“. Danach gehen auch bestehende Mietverhältnisse mit der Veräußerung der Immobilie auf den Käufer über. Wird eine Immobilie jedoch innerhalb einer Erbengemeinschaft an einen Miterben durch (Teil-)Erbauseinandersetzung veräußert, ist fraglich, ob die bestehenden Mietverhältnisse auch auf diesen übergehen.
(Teil-)Erbauseinandersetzung und Mietverhältnisse
Eine Frau ist Eigentümerin einer Wohnung. Mit gemeinschaftlichem notariellem Testament setzen sie und ihr Ehemann ihren Sohn und ihre zwei Töchter zu gleichen Teilen als Erben ein. Ihrem Ehemann vermacht die Frau ein lebenslanges Nießbrauchrecht an der Wohnung. Nachdem die Frau stirbt, vermietet der Ehemann die Wohnung. Kurze Zeit später verstirbt auch er. Die drei Kinder vereinbaren als Erbengemeinschaft eine Teilerbauseinandersetzung mit dem Inhalt, dass das Eigentum an der Wohnung sowie das bestehende Mietverhältnis alleine auf den Sohn übergehen sollen. Er verpflichtet sich, die Mieter über den Eigentümerwechsel in Kenntnis zu setzen, teilt diesen aber lediglich mit, dass der Hausverwaltungsvertrag gekündigt wurde und die Miete künftig auf sein Konto zu überweisen ist. In der Folgezeit verlangt er die Zustimmung der Mieter zu einer Mieterhöhung, welche diese auch erteilen. Einige Monate später kündigt er das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs. Die Mieter widersprechen der Kündigung mit der Begründung, dass der Sohn nicht alleiniger Vermieter der Wohnung geworden ist. Dieser ist jedoch der Auffassung, dass er durch die Teilerbauseinandersetzung, spätestens aber durch einen konkludenten Mietvertrag mit den Mietern in die alleinige Vermieterstellung eingetreten ist.
Keine Anwendung von „Kauf bricht Miete nicht“ auf Erbauseinandersetzung
Zu Unrecht, urteilt das Gericht. Mit dem Tod des Nießbrauchers geht das bestehende Mietverhältnis auf die Erben über. Der Grundsatz „Kauf bricht Miete nicht“ findet im Rahmen der Erbauseinandersetzung keine Anwendung, da es schon an der Veräußerung an einen Dritten fehlt. Denn der erwerbende Erbe befand sich bereits vor der Teilerbauseinandersetzung in der Vermieterstellung und ist damit nicht „Dritter“ im Sinne des Gesetzes. Die Teilerbauseinandersetzung ändert an der gemeinschaftlichen Vermieterstellung der Erben auch dann nichts, wenn sie den Übergang des Mietverhältnisses auf den erwerbenden Erben ausdrücklich bestimmt. Grund dafür ist der Mieterschutz. Durch eine solche Vereinbarung würden die Mieter weiterer Schuldner für etwaige Ansprüche aus dem Mietverhältnis beraubt. Zur Lösung dieser Problematik bedarf es daher einer einvernehmlichen Vereinbarung zwischen allen Vertragsparteien über den Übergang des Mietverhältnisses. Auch die Annahme eines konkludenten Mietvertrages zwischen dem erwerbenden Erben und den Mietern scheidet aus, wenn die Mieter über den Eigentümerwechsel nicht in Kenntnis gesetzt wurden. Das Verhalten der Mieter, wie die Überweisung der Miete auf das alleinige Konto des einen Erben oder die Zustimmung zu einer Mieterhöhung gegenüber diesem, kann ohne Kenntnis nicht dahingehend ausgelegt werden, dass sich die Mieter ausschließlich gegenüber diesem Erben rechtlich binden wollten.
Amtsgericht (AG) Köln, Urt. v. 9.1.2023 – 203 C 144/22
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