Bauliche Veränderungen (WEG-Recht)

  1. Instandhaltung

Unter der Instandhaltung und Instandsetzung als Teil der ordnungsmäßigen Verwaltung versteht man die Erhaltung des bestehenden bzw. die Wiederherstellung eines einmal vorhanden gewesenen ordnungsmäßigen Zustands des Objekts. Die Maßnahme ist weder bauliche Veränderung (§ 22 Abs. 1 WEG, siehe unten) noch eine Maßnahme der Modernisierung oder eine Maßnahme zur Anpassung an den Stand der Technik (siehe unten).

Maßnahmen der ordnungsmäßigen Instandhaltung und Instandsetzung können gem. § 21 Abs. 3, Abs. 5 Nr. 2 WEG mit einfacher Mehrheit beschlossen werden, sofern nicht die Gemeinschaftsordnung abweichendes vorsieht (vgl. Eigentümerversammlung). Die Instandhaltung betrifft sowohl die Beseitigung kleinerer Mängel und Schäden am Gemeinschaftseigentum, kann aber auch einen deutlich größeren Umfang haben. Auch die Beschlussfassung des Wideraufbaus nach einer teilweisen Zerstörung des Gebäudes ist eine Maßnahme der ordnungsgemäßen Instandsetzung. Es besteht sogar eine Wiederaufbaupflicht gem. § 21 Abs. 4 WEG.

  1. Modernisierende Instandhaltung/Instandsetzung

Auch Maßnahmen der modernisierenden Instandsetzung im Sinne des § 22 Abs. 3 WEG können die Wohnungseigentümer mit einfacher Mehrheit beschließen. Voraussetzung ist, dass Instandsetzungsbedarf besteht. Eine modernisierende Instandhaltung liegt etwa dann vor, wenn vorhandene Einrichtungen wegen notwendiger oder absehbarer Reparaturen technisch auf den aktuellen Stand gebracht oder durch eine wirtschaftlich sinnvollere Lösung ersetzt werden. Dazu gehört auch, dass der Vorteil neuerer technischer Entwicklungen genutzt wird.

Die Abgrenzung zur Instandhaltung erfolgt unter Berücksichtigung der Funktionsfähigkeit der Anlage, dem wirtschaftlichen Aufwand und dem zu erwartenden Erfolg, den laufenden Kosten und gegebenenfalls Umweltschutzgedanken und ist immer Einzelfallbezogen. Dabei ist auf den Maßstab eines verantwortungsbewussten Hauseigentümers abzustellen. Die Abgrenzung zur baulichen Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG (siehe dazu unten) ist oft nicht einfach, jedoch schon wegen der unterschiedlichen Voraussetzung bei der Beschlussfassung und möglichen Kostentragungspflicht unabdinglich. Im Zweifel ist es empfehlenswert sich hierzu rechtlichen Rat einzuholen.

  1. Modernisierung

Modernisierungen am Gemeinschaftseigentum im Sinne des § 22 Abs. 2 WEG sind bauliche Veränderungen (des Gemeinschaftseigentums), die entsprechend § 555b BGB den Gebrauchswert nachhaltig erhöhen, die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessern oder nachhaltig Einsparungen von Energie oder Wasser bewirken oder der Anpassung des gemeinschaftlichen Eigentums an den Stand der Technik dienen. Der Modernisierungsbegriff im Wohnungseigentümerrecht ist weiter gefasst als der im Mietrecht (vgl. hierzu Verlinkung Modernisierung Miete). Es genügt aus wohnungseigentumsrechtlicher Sicht, dass die Maßnahme aus Sicht eines verständigen Wohnungseigentümers unter Beachtung der Erfordernisse der Zeit eine sinnvolle Neuerung darstellt, die voraussichtlich geeignet ist, den Gebrauchswert der Sache nachhaltig zu erhöhen (BGH NJW 2011, 1220). Modernisierungen können durch eine (doppelte) qualifizierte Mehrheit von drei Vierteln aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen werden, wenn sie die Eigenart der Wohnanlage nicht ändern und keinen Wohnungseigentümer gegenüber einem anderen unbillig beeinträchtigen.

Modernisierungsmaßnahmen werden von den Maßnahmen modernisierender Instandsetzung dahingehend abgegrenzt, dass bei Modernisierungsmaßnahmen gerade kein (akuter) Instandsetzungsbedarf besteht. In der Regel sollte die Kostenverteilung gem. § 16 Abs. 4 WEG interessengerecht erfolgen.

  1. Bauliche Veränderungen

Eine bauliche Veränderung bedeutet eine auf Dauer angelegte Umgestaltung des Gegenstandes, die das (äußere) Erscheinungsbild der Wohnanalage verändert und über das bloße Verwaltungshandeln hinausgeht. Dazu gehören insbesondere Veränderungen an der „äußeren Gestaltung des Gebäudes“ gem. § 5 Abs. 1 WEG. Außerdem fallen darunter unter anderem die Errichtung von Gebäuden (Garagen etc.) auf noch unbebauten Teilen des Grundstücks oder auch das Anbringen von Schaukästen oder Markisen.

Für bauliche Veränderungen ist gemäß § 22 Abs. 1 WEG grundsätzlich der Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich, sofern die bauliche Veränderung über die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgeht (s.o.) und alle Wohnungseigentümer durch die Veränderung über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Nach § 22 Abs. 1 S. 2 WEG ist die Zustimmung eines Wohnungseigentümers dann nicht erforderlich, wenn die Veränderung seine Rechte nicht über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt und ihm kein Nachteil erwächst, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht. Ein nicht einstimmig gefasster Beschluss ist nicht nichtig, sondern nur anfechtbar, § 23 Abs. 4 S. 2 WEG (vgl. hierzu auch: Wohnungseigentümerversammlung)

Die Regelung der grundsätzlichen Einstimmigkeit ist jedoch abdingbar, in der Gemeinschaftsordnung kann also vorgegeben werden, dass Beschlüsse über bauliche Veränderungen mit einfacher oder qualifizierter Mehrheit gefasst werden können. Ein nach diesen Maßstäben gefasster Beschluss darf nicht zu großer Ungerechtigkeit führen und nicht willkürlich sein.

Stimmt ein Wohnungseigentümer einer baulichen Maßnahme gemäß § 22 Abs. 1 WEG nicht zu, ist er gemäß § 16 Abs. 6 WEG von den damit verbundenen Kosten gegenüber dem Verband befreit. Jeder Wohnungseigentümer, der der Maßnahme nicht zugestimmt hat, kann die Kostenfreistellung gegenüber dem Verband auch nach Bestandskraft des Beschlusses über die Durchführung der baulichen Veränderung verlangen, sofern der Beschluss die Kostenverteilung nicht abschließend regelt (BGH NJW 2012, 603). Da aber § 16 Abs. 6 WEG abdingbar ist, können die Wohnungseigentümer eine bauliche Veränderung und gleichzeitig abschließend über die Verteilung der entstehenden Kosten beschließen. Sie können insbesondere abweichend von § 16 Abs. 6 WEG eine Kostenbelastung aller Wohnungseigentümer beschließen. Da es im Rahmen von baulichen Veränderungen am Gemeinschaftseigentum viele Besonderheiten und eine möglicherweise hohen Kostentragungslast gibt ist es empfehlenswert, sich im Zweifel anwaltlichen Rat einzuholen.

Eine bauliche Veränderung im Sondereigentum ist möglich, wenn diese nicht das Gemeinschaftseigentum beeinträchtigt, einem anderen Wohnungseigentümer keinen erheblichen Nachteil zufügt und nicht dem Gesetz, den Beschlüssen der Wohnungseigentümer oder dem Interesse der Wohnungseigentümergemeinschaft entgegensteht. Eine bauliche Veränderung im Bereich des Sondereigentums stellt eine Form des Gebrauchs dar.