Messie in der Wohnung – Kündigung trotz Krankheit möglich

Berlin/Berlin (DAV). Der Schutz und der Erhalt der Wohnung ist ein hohes Gut – so hoch, dass es sogar im Grundgesetz geschützt wird. Die Wohnung bildet in der Regel den Lebensmittelpunkt eines Menschen; daher resultiert die Vorgabe des Gesetzes, dass Kündigungen von Wohnraum stets begründet werden müssen. Der Vermieter kann den Mietvertrag also nicht „einfach so“ kündigen, oder weil ihm ein anderer Mieter besser gefällt oder er sich eine höhere Miete verspricht. Was also lässt das Gesetz als „guten Grund“ für die Kündigung gelten? Und wie konkret muss die Begründung werden?

Mit diesen Fragen beschäftigte sich das Landgerichts Berlin in einer Entscheidung vom 19.Januar 2018 (AZ.: 66 S 230/17), auf die die Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien vom Deutschen Anwaltsverein(DAV) verweist.

Der Vermieter hatte das Mietverhältnis gekündigt und den Mieter vergeblich zur Räumung aufgefordert, so dass es zur Klage kam. Die Richter mussten im Rahmen dieser Räumungsklage prüfen, ob die Kündigung wirksam war oder nicht.

Nach der Auffassung der Kammer lag hier ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung vor. Der Vermieter hatte glaubhaft dargelegt, dass die Wohnung in einem so erheblichen Maße vernachlässigt wurde, dass hierdurch bereits die Substanz gefährdet wurde. Zu den Pflichten des Mieters gehört es unter anderem auch, dass die Wohnung pfleglich behandelt wird; der Mieter hatte aber hier – offensichtlich aufgrund einer depressiven Störung – die Wohnung mit Schmutz, Abfall und Essenresten sowie Unrat im erheblichen Umfang verdreckt. Dieser Grad der Verunreinigung stellte bereits eine Beschädigung dar, denn selbst bei einer Reinigung waren Teile der Wohnung, wie zum Beispiel das Wasch-  oder Spülbecken nicht mehr verwendbar. Auch bestand die Gefahr, dass sich der Nährboden für Ungeziefer in der Wohnung weiter ausbreitet und damit war eine weitere Beschädigung der Mietsache zu befürchten. Auch ist der Mieter für diesen Zustand – trotz seiner Erkrankung – verantwortlich; die Richter sahen durchaus die Möglichkeit, dass er sich in den unstreitig existierenden leichteren Phasen seiner Erkrankung zumindest Hilfe sucht oder sogar selbst die Wohnung reinigt. Dies insbesondere, da er auch nach Erhalt einer Abmahnung gar nicht reagierte und den Zustand der Wohnung unverändert ließ.

In der erforderlichen Gesamtabwägung haben die Richter daher diesen Fall zu Gunsten des Vermieters entschieden; sowohl die Tatsache, dass die Wohnung in einem unzumutbaren Umfang verdeckt und vermüllt war und sich über Jahre dieser Zustand nicht – auch nicht nach erfolgter Abmahnung – geändert hatte, machte die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar. Der Mieter war daher trotz seiner unstrittig vorhandenen Erkrankung gezwungen, die Wohnung zu räumen. Auch hier zeigt sich wieder, dass bei der Überprüfung einer Kündigung das Gericht alle Umstände des Einzelfalls gegeneinander abwägen muss, um dann zu einem Ergebnis zu kommen. Dieses ist leider nie ganz sicher vorauszusagen, so dass die Erhebung einer Räumungsklage immer mit einem gewissen Risiko behaftetet ist. Es ist daher eine fachkundige Beratung in einem solchen Fall sicherlich sinnvoll.


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