Ein Verstoß rechtfertigt Abmahnung oder Kündigung, nicht beides

Hamburg/Berlin (DAV). Zahlt der Mieter seine Miete nicht, ist dies ein offensichtlicher und leicht nachzuweisender Verstoß gegen den Mietvertrag. Daneben gibt es aber eine Vielzahl von weiteren Verhaltensweisen, die der Mieter an den Tag legen kann und die letztlich nicht im Einklang mit den vertraglichen oder gesetzlichen Verpflichtungen stehen. Zu denken ist an untersagte Hundehaltung, zu laute Musik oder die Nutzung von Wohnräumen zu gewerblichen Zwecken. Was muss der Vermieter tun, wenn der Mieter sich falsch verhält? Kann er kündigen oder „nur“ abmahnen?

In diesem Zusammenhang verweist die Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltverein (DAV) auf eine Entscheidung des Amtsgerichts Hamburg vom 15. Juli 2016 (AZ: 46 C 144/16).

Hier hatte der an Schizophrenie erkrankte Mieter durch wiederholtes Schreien und Brüllen in der Wohnung sowie weiteren Krach auf sich aufmerksam gemacht. Letztlich trat der Mieter sogar die Wohnungstür der Nachbarin ein. Der Vermieter mahnte den Mieter ab und kündigte dann aufgrund der erheblichen Störung des Hausfriedens in der jüngsten Vergangenheit. Da der Mieter nicht die Wohnung räumte, erhob der Vermieter sodann Klage bei dem zuständigen Gericht.

Dieses sprach sich aus zwei Gründen zu Gunsten des Mieters aus: Zum einen hatte der Vermieter nach der Abmahnung nicht ein erneutes Fehlverhalten des Mieters in der Kündigung benannt. Vielmehr stütze er die Abmahnung und die Kündigung auf die gleichen Vorfälle aus der jüngsten Vergangenheit. Dies ist aber gerade nicht zulässig. Denn die Abmahnung soll dem Mieter sein Fehlverhalten vor Augen halten und ihm dadurch die Möglichkeit geben, sich in Zukunft zu ändern. Dieser Zweck kann aber nicht erreicht werden, wenn ohne weiteren Wiederholungsfall die Kündigung ausgesprochen wird. Die Abmahnung hätte dann keine Funktion. Darüber hinaus muss sich der Vermieter entscheiden: Ist das an den Tag gelegte Verhalten so erheblich, dass er das Mietverhältnis beenden will? Oder nur so erheblich, dass er einen solchen weiteren Verstoß nicht hinnehmen kann? Es ist daher nur eine Kündigung oder eine Abmahnung möglich. Alleine aus diesem Grunde musste der Mieter nicht räumen. Hinzu kam in diesem speziellen Fall, dass der Mieter aufgrund seiner Krankheit gar nicht in der Lage war, über sein Verhalten zu bestimmen. Es konnte ihm daher auch nicht vorgeworfen werden. Auch dies führte hier zur Unwirksamkeit der Kündigung, wobei ein Verschulden des Mieters nicht zwingend erforderlich ist. Es ist hier eine Wertung im Einzelfall vorzunehmen.


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